Irgendwann hatte mich das 35mm-Format gepackt. Kleinbild, Vollformat, das ist so klassisch. Bis heute geht ist Kleinbild Maßstab, wenn beispielsweise von Normal-Objektiven um die 50mm die Rede ist oder von Portrait-Linsen ab 75-85mm.
Also auf möglichst massive Rabattchancen gewartet, um endlich keine Äquivalente für APS-C-Objektive mehr berechnen zu müssen. Für eine EOS 6D hat es dann gereicht. Mein altes gebraucht gekauftes und an APS-C selten genutztes 24-85 und mein 70-300 hatte ich noch, also hielt sich der Gesamt-Invest in Grenzen. Meine 6D hat immer brav ihren Dienst verrichtet gute Bildqualität abgeliefert und war dabei ergonomisch und beinahe blind zu bedienen, wie es bei Canon-Kameras fast schon in der DNA liegt. Aber das anachronistische Autofokus-System mit dem einsamen Kreuzsensor war manchmal schon frustrierend.
Technisch und auch vom Spieltrieb her wurden spiegellose Kameras immer interessanter. Irgendwann siegte die Neugier und eine eine gebrauchte Sony A7 II kam. Zum Adaptieren der Canon EF-Objektive und – spannend – auch von manuellen Canon FD, Minolta MC/MD und einem 135mm DDR-Pentacon.
Und da war sie: die Kluft zwischen der technisch beeindruckenden Sony, an die so viele interessante Objektive adaptierbar waren. Und der Canon 6D, die einfach canontypisch so ausgereift ergonomisch war, so schlafwandlerisch zu bedienen, wie eine Sony das wohl niemals sein wird. Ein fotografisches Tool, das nie im Weg ist.
Irgendwann waren de Einschränkungen der Kombination A7II / Adapter beim Autofokus zu viel und die nächste Gebrauchte kam zum Ausprobieren hinzu: eine Canon EOS RP. Die gute alte 6D habe ich dafür verkauft. Ebenfalls mit adaptierten EF-Objektiven, aber – what a difference! Aktuell (Herbst 2021) ist der Original-Adapter von Canon nicht lieferbar, aber zumindest der günstige Adapter von Viltrox funktioniert tadellos an der RP.
Ergonomie – für den geneigten Amateur bietet die RP eine wirklich traumhafte Handhabung. Eine Canon greift sich einfach so viel besser, als eine Sony. Das voll bewegliche und klappbare Display ist super, vor allem durch die wirklich gelungene Touch-Bedienung aller Kamera-Funktionen. Das ist der Sony-Ergonomie einfach um Welten voraus. Wenn da nicht diese Einschränkungen wären, die von Canon traditionell hausgemacht sind, um die Käufer der günstigeren Kameramodelle zu bestrafen. Schon der 6D fehlte händeringend ein AF-Joystick oder eine vergleichbare Möglichkeit, den AF-Punkt zu setzen. Die RP bietet hier eine Touch-Steuerung, gleicht den Mangel also aus, ohne die Effizienz eines Joysticks ganz zu erreichen.
Aber Canon: Mini-Akku und dann die SD-Karte mit im Akku-Schacht statt hinter einer eigenen Öffnung an der Seite, wie es jede ausgewachsene Kamera jenseits einer Sony A5000 natürlich hat. Das ist dann schon als eine Art Demütigung des Kunden zu verstehen! Aber trotzdem: mir hat der Umgang mit der RP immer gefallen, man nimmt die Kamera hoch und gleich ist das Gefühl da, das alles stimmt. Ich mochte die Kleine Kamera wirklich gern – bis ich mich mal intensiver mit der Bildqualität beschäftigt habe.
Klar, bei gutem Licht sind die Bilder für den Hausgebrauch völlig ok, mit den patentierten Canon-Farben und genügend Overhead zum Croppen durch die 26 Megapixel des Sensors aus der 6D Mark II. Um deren mangelnde Dynamik hatte es ja Diskussionen unter den Techies gegeben, aber stört das im Alltag wirklich?
Ehrlich gesagt: Ja. Bei Motiven mit etwas erhöhten Anforderungen an die Dynamik bricht die Bildqualität doch deutlich ein … schon gemäßigtes Aufhellen der Schatten bei Landschaftsbildern wird schnell bestraft. Insgesamt wirkt die Qualität diesbezüglich auf mich im Vergleich zur 6D irgendwie schwächer. Die Vorteile des großen Sensors scheint die RP einfach nicht wirklich zu nutzen. Das ist bei einigen Kameras mit APS-C-Sensor sogar sichtbar besser.
Also Umstieg auf eine EOS R6 für sage und schreibe 2600€? Nein, schweren Herzens habe ich mich aus dem Canon-Lager verabschiedet und die RP sowie die ja ebenfalls vorhandene Sony A7II verkauft für eine Sony A7III in einer satten Rabattaktion. Die liegt nicht so toll in der Hand, bedient sich nicht schlafwandlerisch sondern ein immer bisschen technoid. Aber ich habe nirgendwo den Eindruck, vom Hersteller bewusst eingeschränkt zu werden, sondern bekomme einen großen Akku, Joystick, Dual-SD-Slot und so weiter. Es gibt keinerlei Thema mehr bei der Bildqualität, und eine große Anzahl nativer Objektive von Sony, Tamron, Samyang, Sigma, Viltrox. Da wirkt sich positiv aus, dass Sony die Spezifikationen des E-Mounts offen legt. Das geschlossene R-System von Canon mit seinen High-End-Objektiven wir hier wohl so schnell nicht aufholen.
Aber diesen Griff und das Touch-Display vermisse ich schon …